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Social Media Club München: Politische Denkwege 2.0

Politische Denkwege 2.0: So der Slogan des Vortrags gestern in München, gehalten von Florian Semle. Der Social Media Club München hatte zu dieser Präsentation über Xing eingeladen, was mich dazu bewegte meine sieben Sachen zu packen und von Saarbrücken nach München zu fahren. Es hat sich gelohnt! Wie kann das Social Web das Wahlverhalten, den politischen Diskurs oder die poltische Entscheidungsfindung verändern? Mit dieser Frage eröffnet Florian Semle, ehemaliger Grünenpolitiker, seinen Vortag und klickt direkt zur nächsten Folie auf der ich ein großes Obamagesicht zu sehen bekomme. Die USA schon wieder, denke ich mir – wir sind hier in Deutschland, das USA-Phänomen des letzten Wahlkampfes 2008 für mich schwer zu übertragen auf unser Land. Doch wie ich nach längerem Zuhören heraus finde, geht es ihm nicht darum auf zu zeigen wie gut die Amerikaner ihren Wahlkampf machten und warum es sich nicht auf Deutschland übertragen lässt, sondern welche Chancen ein im Netz erweiterter Wahlkampf bieten kann unter den folgenden Prämissen: Dialog, Offenheit und Authentizität. Hier sind nun mal die USA als Beispiel zu nehmen, da es in keinem anderen Land bisher so intensiv beobachtet werden konnte. Parteien als „Gatekeeper“ Florian Semle erklärt kurz unser Parteiensystem, geht auf die Rolle der Parteien in unserem Demokratischen System ein – Parteien als „Gatekeeper“, so Semle. Sie bündeln die Meinungen in unserem Lande und vertreten diese gewählt durch das Volk in Gremien wie Bundes- und Landtag. Die darauf folgende These Semles: „Parteien haben eine exklusive, monopolitische Funktion in unserem politischen System übernommen!“ Daraus entwickelt sich mit der Zeit eine eigene Interpretation der Parteien, was Demokratie bedeutet. Sie legen heute fest welche politischen Fragen in der Demokratie behandelt werden und welche nicht. Durch die Verfestigung der politischen Strukturen ist ein offener politischer Diskurs nur noch mit immensen Kraftakten verbunden, passiert meistens nur parteiintern und schließt die Mehrheit der Bevölkerung aus. Das daraus resultierende Gefühl speziell der Jungwähler: antipolitisch und ohnmächtig. Politikverdrossenheit? Nicht im Web! Die Diskussionen über Politikverdrossenheit werden immer lauter. Doch lässt man hier eine große Gruppe außen vor, die sich mittlerweile anderer Mittel bedient, die des Webs, die des Webs 2.0 – Social Media. Mit Hilfe derer wird bereits viel über Politik diskutiert, meist sehr direkt, sehr offen, vor allem sehr undiplomatisch. Es entstehen Streits, aber auch Konsens, etwas chaotischer vielleicht für den Außenstehenden, doch am Ende nachvollziehbar. In Diskussionen wird man schnell zum Außenseiter ohne Beweise für Argumente geliefert zu haben. Schlechte Gespräche filtern sich nach und nach von selber aus, weil sie keinen interessieren. Denn nur gute Gespräche sind der Motor des Social Webs. Parteien müssen sich dem Internet anpassen, nicht umgekehrt! Wenn eine Partei diesem Web-Kreis beitreten will muss sie sich anpassen. Thesen von der Kanzel herunter werden nicht gehört, Dialoge jedoch werden ernst genommen. Semle lässt in diesem Kontext Politik 1.0 vs. 2.0 fallen. „Ein Youtube Video ohne Kommentarfunktion wird als Werbung deklariert und schlimmsten Falls ignoriert“, meint Semle. Politische Botschaften lassen sich also nicht in einer kommunikativen Einbahnstraße vermitteln, nicht mehr. Schnelle Mobilisierung im Netz verdutzt Parteien! Das im Vergleich zu früher ungewohnt schnelle Zusammenfinden von Interessensgemeinschaften ist ein zweites Phänomen des Social Webs. Das wurde besonders deutlich im Fall Internetsperren gegen Kinderpornographie. Nach kurzer Zeit schlossen sich 137.000 Menschen zusammen, um mittels einer Onlinepetition gegen ein Gesetz zu stimmen, was selbst etablierte Parteien ins Staunen versetzte. Florian Semle bezeichnet dies als ein Startpunkt einer sich verändernden politischen Kultur. Hier wurde schnell deutlich, dass Politiker mit dieser offenen Dialogskultur noch nicht umgehen konnten. Der Versuch des Abwiegelns seitens der regierenden Parteien mit fragwürdigen Aussagen, entgegnete die Netzgemeinde mit einem müden Lächeln, da die Gegenbeweise schnell gefunden waren, im weltgrößten Archiv. Ein offener, authentischer Dialog hätte den Parteien besser zu Gesicht gestanden. Open Politics für eine Öffnung der Parteien Open Politics ist das Schlagwort, was auf Florian Semles letzter Folie steht. Wobei es sich um die thematische Öffnung der Parteien handelt – dass Parteien über Netzwerke (und damit sind nicht einzelne Platformen gemeint) Bürger begeistern können sich für ein Thema einzusetzen über das sie eigendynamisch ihre Mitbürger informieren wollen, in organisierten Gruppen, im Internet aber auch auf Straßen und Plätzen – 2.0 eben. Es ensteht somit eine gegenseitige Abängigkeit: Die Partei muss mit guten Argumenten den Bürger im Internet überzeugen, der wiederum seine Überzeugung an andere weitertragen wird. Vor allem in Social Web wird solch eine Person zu einem unglaublichen Multiplikator. Sie wird Kollegen und Freunde durch gute Argumente in Diskussionen überzeugen wollen und nutzt dazu die brauchbaren Plattformen Twitter, Facebook, Studivz und Co. Was ist der Unterschied zur Offlinewelt? Das liegt auf der Hand – der technische Fortschritt. Heute ist es möglich im World Wide Web weit aus mehr Menschen billiger und in kürzerer Zeit zu erreichen als jemals zuvor. Die Parteien können sich das zu Nutze machen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn sie ehrliche Diskussionen auf Augenhöhe führen. So meine kleine Zusammenfassung des Vortrages mit eigener Sichtweise auf das Thema. Eine Frage, die mein knapper Artikel bestimmt noch aufwirft: Wie kann solch ein Netzwerk genau aussehen? Dazu werde ich bald noch einen anderen Artikel schreiben, wie ich mir das vorstelle. Die Powerpoint gibt es hier auch nochmal zum nachlesen!
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Leave a Reply to München - Blog - 18 Sep 2009